Fachrecht vs. Förderrecht - stelle ich 2024 einen MFA?

Fachrecht vs. Förderrecht - stelle ich 2024 einen MFA?

Frauensattling, im Gasthaus Maier fand am 23. Januar die Winterversammlung des Maschinen- und Betriebshilfsring Vilsbiburg e.V. statt. Eine überwältigend große Zahl an Landwirten und Landwirtinnen folgte der Einladung. Vor dem Hauptreferenten, dem MR Betriebsberater Wolfgang Sturm, richtet der Geschäftsführer Martin Freudenreich das Wort an die Zuhörer. Er stellte das Digitalisierungsprojekt des Bundesverbandes der Maschinenringe für die Mitgliedsbetriebe vor. Im Kontrast zu den bestehenden Angeboten von Agrarfirmen und Konzernen, wollen die regionalen Maschinenringe gemeinsam eine Alternative für alle Betriebe anbieten. Besonders die Hoheit über die eigenen Betriebsdaten und eine einfache Bedienung stehen dabei im Vordergrund. Eine Schlagkartei steht Mitgliedern im Maschinenring Vilsbiburg seit Januar nun kostenlos zur Verfügung und ermöglicht die einfache Planung, Dokumentation und Analyse aller Vorgänge im Pflanzenbau. Bei Kontrollen geforderte Aufzeichnungen können so zeitnah und via Smartphone erstellt und abgerufen werden. Dienstleister und Lohnunternehmer können im Laufe des Jahres auf eine eigene App für ihr Tagesgeschäft zurückgreifen. Abwicklung und Planung von Aufträgen, Fahrern, Maschinen und Kunden bis hin zur Abrechnung können digital abgebildet werden. Ein weiterer Baustein ist ein Angebot zum papierlosen Büro bis hin zu Schnittstellen der entsprechenden Plattformen der Steuerberater. Die Digitalisierung macht vor keinem Betrieb halt und der Maschinenring unterstützt bei Fragen gerne.

Was passiert 2024 mit den Agrardieselanträgen?

Zum aktuellen Thema Agrardieselrückvergütung und zur sehr komplexen Antragstellung informierte Freudenreich, dass an Lösungen bereits gearbeitet wird. Betriebe ohne tiefere PC Kenntnisse wird die Antragstellung unnötig erschwert, da ab 2024 nur noch ein Onlineantrag möglich ist. Als Dienstleister versucht der Maschinenring hier Lösungen für die Betriebe auszuarbeiten. Es wird z.B. auch Onlineschulungen zur Antragstellung geben, genaueres wird in der Jahreshauptversammlung am 06.03.24 im Gasthaus Köck in Gerzen mitgeteilt.

Fachrecht oder Förderrecht?

Nun übergab der Geschäftsführer das Wort an den Hauptreferenten des Abends Wolfgang Sturm, der ein Thema ansprach, das vielen unter den Nägeln brennt, die Mehrfachantragstellung für 2024. Zurzeit hört man immer wieder Berufskollegen, die sagen: „Ich stell keinen Antrag mehr, dann bin ich frei. I mog nimma!“. Besonders nach der letzten Agrarreform mit immer weiteren Einschnitten der Ausgleichszahlungen, bei steigenden Vorschriften und Auflagen. Zu Beginn seines Vortrags stellte Sturm die Frage in den Raum wer überlegt keinen Mehrfachantrag zu stellen und hofft so den immer strengeren Vorgaben zu entgehen. Was viele Anwesende mit Handzeichen bestätigten. Zunächst gab Sturm einen kurzen Überblick über die neuen verschiedenen Verordnungen, Gesetze und Richtlinien der aktuellen „Grundanforderungen an die Betriebsführung“ - der EU GAP-Reform gültig von 2023 bis 2027. Darunter auch z.B. die Pflicht 4% der bewirtschafteten Ackerflächen still zu legen, die viele Landwirte in der ganzen EU als Produzenten von hochwertigen Lebensmitteln, bei gleichzeitigem Hunger in der Welt, nicht verstehen können. Ebenso teilweise sich widersprechende Verordnungen zu Bodenerosion, Fruchtwechsel und Düngung, die einzuhalten sind.

Diese zahlreichen und nicht immer nachvollziehbaren Regelungen sind als Förderrecht ausgeführt, an das sich alle Betriebe binden. Eben auch keine Subventionen, sondern Ausgleichszahlungen, für eben diese hohen Auflagen innerhalb der EU. Der Referent Sturm veranschaulichte leider auch deutlich, dass ohne die EU-Förderung das deutsche Fachrecht mit diversen Vorgaben und Vorschriften trotz allem eingehalten werden muss, ohne jegliche Ausgleichszahlung für die strengeren Produktionsbedingungen im Vergleich zum Weltmarkt. Düngeverordnung, Tierschutzgesetz oder das Pflanzenschutzgesetz sind nur einige der Vorgaben, die immer eingehalten werden müssen. Im jeweiligen Förderrecht und Fachrecht in der Landwirtschaft sprechen wir aktuell von über 46 verschiedenen Verordnungen, Gesetzen und Richtlinien mit entsprechendem Umfang.

Bei Betrieben, die auf die staatlichen Subventionen verzichten, um so zumindest das Förderrecht zu umgehen, könnte ein entsprechend höheres Risiko bestehen, dass verstärkt Kontrollen des Fachrechts durchgeführt werden. Auch die betriebswirtschaftliche Sicht wurde durch Wolfgang Sturm beleuchtet. Die in den Medien viel diskutierten guten Gewinnergebnisse stoßen dem Betriebsberater sehr negativ auf. Da nie berücksichtigt wurde, dass hier bei den Abschlussergebnissen für die landwirtschaftlichen Betriebe zwei Arbeitskräfte als Basis der Berechnung zu Grunde liegen. Also müsste der Gewinn in den Talkshows jeweils halbiert werden und ist dann immer noch nicht mit einem Lohneinkommen vergleichbar, da hier von diesem Gewinn zusätzlich Steuern, Investitionen, Altenteil uvm. abgezogen werden müssen. Die Ausgleichszahlungen und Subventionen sind für manche Betriebe auch wirtschaftlich nicht so einfach kompensierbar. Die deutsche Landwirtschaft muss trotz hoher Auflagen, durch den Druck des Lebensmitteleinzelhandels, zu Weltmarktpreisen produzieren. Allein der emotionale Frust über die überbordende Bürokratie, bietet keine Grundlage für eine gute Entscheidung für den Betrieb. Natürlich muss und darf jeder Betrieb selbst entscheiden, ob sich die Antragstellung lohnt bzw. es den Aufwand wert ist. Am Ende des Vortrages konnten Fragen an Wolfgang Sturm gestellt werden, was rege in Anspruch genommen wurde.

Abschließend bedankte sich der Geschäftsführer Martin Freudenreich für den Vortrag und die Aufmerksamkeit. „Der Maschinenring als bäuerliche Selbsthilfeeinrichtung ist ein Problemlöser in der Praxis und seit einigen Jahren mit einem zusätzlichen Schwerpunkt der Unterstützung bei der Bewältigung der Bürokratie - Wir sind für unsere Mitglieder da!“ so Freudenreich zum Ende des Vortrags.

Am Ende der Veranstaltung sprach der 1. Vorsitzende Martin Weindl. Er bedankte sich bei den Anwesenden für das große Interesse in diesen unruhigen Zeiten. Die von berechtigten Protesten und verschiedenen Aktionen der Bauern geprägt sind. Es geht längst um mehr als die Agrardieselrückvergütung bzw. die Steuerbefreiung bei landwirtschaftlichen Fahrzeugen. Lange Zeit schluckten die Bauern sämtliche neuen Vorgaben und Verordnungen ohne Gegenwehr, damit soll jetzt Schluss sein. „In Coronazeiten wurde die deutsche Landwirtschaft noch als systemrelevant und als stabiler Versorger mit einheimischen Lebensmitteln von der Politik und Gesellschaft gelobt. Aktuell werden Landwirte, Verbraucher und Mittelstand, welche bereits die großen Belastungen der letzten Jahre stemmen, als erster zur Kasse gebeten“ so Martin Weindl. Abschließend bedankte er sich bei den beiden Vorrednern des Abends und beim Gasthaus Maier für die gute Bewirtung.

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